For Eranos – Thoughts, Statements, Fragments

Eranos: Der Versuch

Die Eranos-Tagungen haben sich das Ziel einer Vermittlung zwischen Ost und West gesetzt.
(Olga Fröbe-Kapteyn)

Eranos ist der Versuch, gemeinsam zu ergründen, was Religionsgeschichte und Symbolforschung, Mythologie und Seelenkunde über die Ursprünge religiöser Vorstellungen, über die tiefsten fassbaren Gemeinsamkeiten der religiösen Weltbeziehung auszusagen vermögen.
(Adolf Portmann)

There was no definite plan of development. To most organizers, this method, or rather nonmethod, will seem unreasonable. It is unreasonable, but it works.
(Olga Fröbe-Kapteyn)

There is something in the atmosphere of Eranos that brings about an experience of much larger scope than mere intellectual understanding. The goal of the meetings is, indeed, to bring about more than an understanding, but a knowing through direct experience.
(Ira Progroff)


Eranos: Das Wort

Eranos - was soll ihm, dem heutigen Menschen, dieses altgriechische Wort sagen? Wo es zum ersten Mal in der Literatur der Griechen vorkommt, spricht es die Göttin Pallas Athene aus, die in der Gestalt eines reisenden Königs, unter dem Namen Mentes, Telemachos besucht, den Sohn des Odysseus, um ihm in der Abwesenheit des Vaters beizustehen. Es ist die erste Szene in der Odyssee, die nicht auf dem Olymp, sondern in Ithaka, unter Menschen spielt.
Da tut die Göttin so, als erkenne sie die Situation im Palaste nicht, wo die Freier der Königin Penelope den Reichtum des totgeglaubten Odysseus verzehren.
"Gibst du ein Gastmahl oder ein Hochzeitsfest?" fragt sie ihren jungen Gastgeber.
Und hier muss nun der Uebersetzer stocken, weil die klare, negative Feststellung, die da auch ein Fremder sofort machen musste, ebenso kurz und eindeutig wie auf griechisch auf deutsch nicht auszudrücken ist "Denn keinem Eranos sieht es ähnlich" - lautet die Fortsetzung. Das unordentliche und ungeregelte Verschmausen fremden Gutes -das war das Gegenteil dessen, was bei den Griechen Eranos hiess.
(Karl Kerényi)


Eranos: Die Mitte

Wir wollen versuchen, den geistigen Ort zu bestimmen, an dem die Eranos-Tagungen zur Wirkung kommen, und durch diese Ortsbestimmung etwas vom Sinn dieses Zusammenseins mitzuteilen - darzustellen, auf was für Fragen dieser Zeit die Eranos-Tagungen nach Antwort suchen. Thema und Einzelvorträge scheinen dem ersten Blick oft weit von der Aktualität abzuliegen. Doch dieser Eindruck der Gegenwartsferne ist eine Täuschung.
(Adolf Portmann)

Die Sache, die das Wort Eranos bezeichnete, besass von ihrem religiösen Bezug aus einen geistigen Kern, den zu entwickeln, im zum Becher gesungenen Lied, in Gedicht und improvisierter Rede, an den Teilnehmern des Gastmahles stand.
(Karl Kerényi)

Dass eine solche wirkende Mitte sich formen konnte, ist das Werk einer Frau.
(Adolf Portmann)

Zuhörer und Vortragender gehören zusammen wie die zwei Pole eines Feldes, von dessen Mitte sie beide gleich weit entfernt sind. Der Vortragende gibt und ist auf sein Publikum ausgerichtet, das entgegennimmt. Aber auch der Zuhörer gibt, wenn auch in ganz anderer Weise, und kein Vortragender könnte sein, ohne dass er von dieser Gabe nähme. Dieses Geben und Nehmen in seinem fortwährenden bewegten Fliessen ist Quelle und zugleich Ausdruck jenes geistigen Lebens, an dem beide Pole ihren Anteil haben und aus dem letztlich beide schöpfen, um sich stets erneut wieder begegnen zu können. Aus ihrer Wechselwirkung und Dynamik entsteht eine "Mitte", eine vielgesichtige Symbolgestalt, auf die alles bezogen ist: die Eranos-Tagung. Sie lebt aus dem Symbol, sie ist selber Symbol, und die an ihr Teilhabenden sind jeder für sich ein Sinnbild für den so zeitgemässen Menschen, der ausgezogen ist, um ein Zaubermittel zu finden, das die Zerrissenheit und Spaltung aufzuheben fähig wäre, die heute jeden Einzelnen von innen nach aussen her bedroht.
(Jolande Jacob)

Der archaische Mensch ist ein Mittelpunkt im Werk von Eranos seit der Gründung und bis zum heutigen Tag. Eranos hat die Vorstellung überwinden helfen, es sei dieses archaische Humane ein Beginn, auf den wir höchstens mit Rührung oder Achtung zurückblicken oder den zu erforschen eine reizvolle retrospektive Aufgabe sei. Eranos hat auf die Grosse und das Weiterbestehen dieses ursprünglichen Menschentums hingewiesen; die Bedeutung seiner geistigen Schöpferkraft und sein dauernder Anteil am künstlerischen Formen ist oft an den Tagungen am Langensee hervorgehoben worden.
(Adolf Portmann)


Eranos: Das Mahl

Was durch die Tätigkeit von Eranarchen zustande kommt, ist dennoch nichts bloss Wirtschaftliches, ist nicht Versicherung gegen Hunger und Durst, sondern die Sicherung gemeinschaftlicher Festfreude am Mahl.
(Karl Kerényi)

L'Eranos ressemble à une danse qui recommence chaque année, mais toujours avec d'autres danseurs.
(Olga Fröbe-Kapteyn)

Die Reden, die da gehalten wurden, werden ausdrücklich als ein Eranos an Eros, als Liebesgaben zu Ehren des Liebesgottes bezeichnet.
(Karl Kerényi)

Oft klingt es vom Rednerpult her so gelehrt, dass keine Anstrengung mehr genügt, um nachzukommen. Das darf man aber nicht verraten. Man tröstet sich damit, dass man das Gehörte nachlesen werde. Man klagt nur verstohlen über eine oft bleierne Müdigkeit. Trotzdem will keiner fehlen, denn es geht auch gar nicht darum, unmittelbar von den Vorträgen etwas zu "lernen". Es geht um etwas Geistiges, das man "erlebtes Wissen" nennen möchte, das durch unsichtbare Kanäle in den Menschen eindringt, wenn er sich ihm überantwortet.
(Jolande Jacobi)

Die Eranarchen findet man unter die Geldwechsler, Bankiers, Grosshändler, Kauffahrer und überhaupt diejenigen eingereiht, die mit Geld arbeiten, ist es doch ihre Beschäftigung, die Beiträge zu den Fonds zu sammeln, die das Abhalten gemeinschaftlicher Gastmähler bezwecken.
(Karl Kerényi)


Eranos: Das Zeichen

...würdig blieb sie auf diese Weise der Forderung eines Eranos. Auf eine unvorhergesehene Weise wohl! Jede Entwicklung, wenn sie eine Entfaltung im geistigen Bereich bedeutet, ist unvorhergesehen.
(Karl Kerényi)

Das wahre Transzendieren der Vergangenheit kann nur darin bestehen, sie als ZEICHEN "in Präsens zu verwandeln". Und, wie ich glaube, kann man sagen, dass das ganze Werk des Eranos in diesem Sinne ein Verwandeln in das Präsens ist.
(Henry Corbin)

Das ist der Mensch, der Nacht für Nacht in das private Leben der Träume versinkt, der in jedem Neugeborenen wieder eine neue Eroberung der erfahrbaren Welt und den Aufbau eines Weltbaus beginnt, der aus einer bilderreichen Märchenwelt langsam herauswächst und reifend sich in einer Welt des Verstandes und später mehr und mehr in der des Errechenbaren umtut.
(Adolf Portmann)

Alles kommt darauf an, wie sich die Klarheit des Geistes mit dem tiefen Dunkel der Seele verständigt. Geht er freundlich mit ihr um, hingegeben, was sie ihm zu sagen hat, mitdeutend, mitschaffend, da rührt sich der willige Grund, da fängt ein Blühen und Singen an, ein Schimmern und Blitzen, ein Quellen und Duften, eine grosse Heimkehr des Trostes und der Innerlichkeit, die unser Leben reich macht. Die Mächte der Seele vermögen in blinder Gewalt die Werke des Geistes zu zerrütten, die Gewalten des Geistes die Kräfte der Seele zu drosseln und zu würgen - erst ihre liebende Ehe, die Ehe zwischen Hirn und Herz, Wissen und Leben, Erkennen und Fühlen, Einsicht und Glaube - Geist und Seele formt das heile Ganze.
(Walter Robert Corti)

Je tiefer die Erforschung dieses für jeden von uns ursprünglichen Menschentums vordringt, umso grosser wird im Menschenbild der Anteil eines solchen gründenden Menschentums, umso bedeutender das Wirken aller der ständig wiederkehrenden menschlichen Regungen, Hoffnungen und Aengste, die auch mitten in unserer so sehr vom Intellekt erhellten Zeit wie je das Glück und das Leid der Menschen bestimmen.
(Adolf Portmann)


Eranos: Doorways

In our time the particular need is for a doorway of initiation, a way of entry to the larger dimension of experience. Because of the poverty of symbols in our time, people require a doorway that can serve as an entrance for them to the new image of reality of which their intimations tell them. The need is for no particular kind of door, but for the openness of doorways; and living symbols can be such doorways. Our time profoundly requires such living symbols, places that stand for the no-place of the soul, and can be as present and as available for us as (the symbol of) Jerusalem was for Meister Eckhart. The new image requires symbols, things, and places, that point far beyond themselves. And I think you will agree with me that one such living symbol ... is unfolding here at Eranos in the midst of us.
(Ira Progroff)

The disciplines of the history of religions, ethnology, paleo-ethnology, and orientalism have seldom been regarded as separate but interrelated phases of a single study. It is only very recently that these disciplines have come to be thought capable of revealing human existential situations worthy of interesting not only the psychologist and sociologist but also the philosopher and theologian,
It is perhaps the greatest contribution of Eranos to stimulate and encourage meetings and dialogues among representatives of the various sciences and disciplines whose field is the human mind and spirit.
(Mircia Eliade)

Eranos has now a destiny in France, Germany, in Japan, in the United States and - in fact - in the whole world, a future destiny which is more needed today even than it was in the thirties. Its future destiny as an interdisciplinary and cross-cultural forum for the life of healing ideas is crucial at the end-of the twentieth century.
(David L. Miller)